29.4.2012, Sonntag
Sæluvika – Woche der Glückseligkeit
Heute
hat die „Sæluvika“ begonnen. Im Skagafjörd feiern die Leute jedes Jahr Anfang
Mai die „Sæluvika“. In dieser Woche gibt es jede Menge kulturelle Veranstaltungen,
Konzerte, Tage der offenen Türen bei den Landwirten usw. Heuer dauert sie von
29.4. bis 6.5.
Die Wurzeln von Saeluvika können bis ins Jahr
1874 zurückverfolgt werden, als Einheimische die erste Isländische Verfassung
gefeiert haben. Neben politischen Veranstaltungen sangen und tanzten die Leute,
und dieses Fest bildete in den folgenden Jahrzehnten zum Grundstein für die
Entwicklung von Feiern in der gesamten Gegend.
Sehr
Glückselig hat die Woche allerdings nicht begonnen. Zumindest nicht für die
Kuh, die sich gestern ihr linkes Hinterbein gebrochen hatte. Am Vormittag kam
ein Freund von Annika und Robert vorbei, um das arme Tier zu erlösen --> Wir
sehen uns am Teller wieder!
Die Kuh
wurde mit einem Schuss in die Stirn getötet, dann der Kopf halb abgetrennt, um sie
ausbluten zu lassen. An den Hinterbeinen wurde sie am Traktor angehängt und
nach draußen gefahren. Dort wurden die Beine und der Kopf abgetrennt, das Fell
abgezogen und die Innereien rausgenommen. Die Zunge hab ich rausschneiden
dürfen. Mit einer elektrischen Säge wurde der Körper entlang der Wirbelsäule entzweit.
Die Aufgabe für die zwei Körperhälften für die nächsten Tage: In der Garage
rumhängen.
Während
die inneren Organe raus flutschten, konnte man den Muskeln noch beim Zucken
zusehen. Makaber.
2.5.2012, Dienstag
Gestern
gingen Annika und ich auf die große Weide, um nach den Pferden zu sehen, die
das Leben in Freiheit genießen. Annika hatte große Freude an all den dicken
Stutenbäuchen, denn das bedeutet viele Fohlen. Zitat Annika: Ooooch, guck mal,
die bekommen alle Fohlen, wie schön! Da können wir im Sommer viel grillen. ;)
Heute
haben wir die unglückselige Kuh, die wir am Sonntag eliminiert hatten, bis zur
Unkenntlichkeit verändert. Speiseplan der kommenden Woche: Lasagne, Spaghetti
Carbonara, Farschierte Laibchen, …
Am
Abend stand wieder Kuhwache am Plan. Name des Tiers ist unaussprechlich –
nennen wir sie einfach „die Schwarze“. ;) In den Werbepausen von NCIS
wechselten Annika und ich vom Fernseher zum Computer, um dem Bild der
Überwachungskamera unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Man konnte schon eine
Weile die Klauen des Kalbes sehen, aber als sich weiter nichts bewegte,
beschloss Annika die Krankenschwester in sich zu wecken und der Kuh
Geburtshilfe zu geben. Robert, Annika und ich gingen in die Extrabox, die
beiden bewaffnet mit Stricken und Holzstöcken, ich mit meiner Kamera. Endlich
hatte ich die Möglichkeit, Fotos einer Geburt zu schießen! Könnt euch schon auf
ein paar schleimige Bilder freuen ;)
Das
Kalb kam heil zur Welt und wir ließen die beiden in Ruhe. 20 Minuten später
gingen Annika und ich nochmals in den Stall, dieses Mal war sie mit meiner
Kamera bewaffnet und ich mit der Milchflasche, die das Kalb gleich mal leerte.
Ihr könnt euch also auch auf ein paar knuffige Bilder freuen ;)
4.4.2012, Freitag
Tag der offenen Tür + Neueröffnung = Freibier
Heute
um 17:00 sind wir zu einer Brauerei gefahren, die Tag der offenen Tür hatte.
Das heißt: Freibier!
Da es
mir bekannterweise keine Schwierigkeiten bereitet, auf Bier zu verzichten,
wurde ich zur Taxilenkerin erklärt und Annika, Robert und noch ein Freund von
ihnen kosteten sich durch die verschiedenen Sorten. Dann gings wieder nach
Hause, die Kühe wollen ja trotzdem gemolken werden. Nach dem Melken machten wir
uns auf zu einem Geschäft (verkaufen Farmerzeugs), das Besitzer gewechselt
hatte und deswegen Neueröffnung feierte. Wieder Freibier!
Schon
im Vorhinein hatte Robert angekündigt, dass er Samstags Morgens das Melken
schwänzen würde, denn im nächstgrößeren Ort fand auch noch eine Disco statt,
mit Livemusik. Die Neueröffnung sollte laut Plan um 23 Uhr beendet sein, doch
die Menschen konnten einfach nicht genug bekommen von Knabberzeugs aus
Hundenäpfen und Bier aus Plastikbechern.
5.5.2012, Samstag
Robert
und sein Freund zischten etwas zeitiger ab und setzten den Abend in der Bar
fort. Der Kampf Bierfässer gegen Biertrinker dauerte lange und war hart, bzw.
flüssig und das Bier hielt länger durch als die Eröffner wohl erwartet hatten,
denn um zwei Uhr war noch immer was von dem flüssigen Gold übrig.
Annika
hatte jedoch genug vom Trinken und wir kehrten dem harten Partykern den Rücken.
Unser Weg führte uns jedoch noch nicht nach Hause. Da wir sowieso schon später
als angenommen heim kommen würden, war uns eine Stunde mehr oder weniger ist
auch schon egal und wir machten uns auf zu einer Besichtigungstour eines vollautomatischen
Melkroboters. Dass der Eigentümer des Roboters, zufällig ein Taxi nach Hause
benötigte, war natürlich nebensächlich ;)
Also
das Ding ist echt faszinierend! Wie das so mit Kamera die Melknäpfe an die Zitzen
führt und die Teile echt draufbringt, neeeed schlecht. Aber auf diese Weise werden
die Kühe halt nicht jedesmal kontrolliert, wenn sie gemolken werden. Hat alles
seine Vor- und Nachteile.
Um halb
drei kamen wir schließlich zu Hause an, Annika schob ihre Pizza in den Ofen und
ich öffnete meine Schokolade. Wie jeden Tag beendeten wir auch diesen vor dem
Fernseher bei einer Staffel von Two and a half man und genossen unseren
Nachmitternachtssnack. Um halb vier empfing mich mein Bett mit offenen Armen.
Um
sieben schmiss mich der Wecker wieder raus. Am Vormittag hielt sich die
Müdigkeit auch noch zurück, nach dem Melken, während Annika in ihrem
Lieblingsstuhl im Wohnzimmer relaxte, schaffte ich Villingur zu reiten, ohne mich
von seinen schaukelnden Gängen in den Schlaf wiegen zu lassen. Mittags kam dann
Heimir, der Hufschmied und beschlug Captain, Rudi und Diva. Eigentlich hatte
ich ja vor danach noch Milla zu bewegen, doch mein Körper forderte sein Recht
und meine Lider wirkten plötzlich magnetisch aufeinander. Ich folgte Annikas
und Roberts Beispiel und begab mich ins Land der Träume.
6.5.2012, Sonntag
Diva kommt in die Schule
Der
Gerechtigkeit halber blieb Annika heute in der Früh vom Stalldienst fern
(gestern war ja Robert nicht da). Am Vormittag waren wir alle drei ungefähr so
produktiv wie Samstagnachmittags. Nach dem Mittagessen verfrachteten wir Diva,
die Falbstute, in den Hänger, was erstaunlich einfach war. Man muss das ja auch
mal aus Sicht der Pferde betrachten, die sollen da in ein dunkles Loch gehen,
in der jede Menge Raubtiere in den Schatten lauern könnten, über eine Rampe aus
Metall, die beim Darübergehen einen Krach macht, dass man fast Gehörschutz
braucht und dann wird das Tor auch noch verschlossen. Das Pferd sitzt also in
der Falle und hat keinerlei Fluchtmöglichkeiten, was für ein Fluchttier quasi
den sicheren Tod bedeutet. Aber Diva war mit einer (oder zwei) Hand voll
Leckerlis schnell zu überzeugen, dass so eine Autofahrt halb so wild ist und
ging flott in die „Höhle des Löwen“.
Für die
junge Stute beginnt morgen der Ernst des Lebens. Schulbank drücken ist
angesagt. Tina, eine Freundin von Annika, die junge Pferde einreitet, nimmt
sich ihrer an und verwandelt sie von einem rohen Pferd in ein reitbares Tier.
Gemäß dem Sprichwort „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ darf Diva nach dem
Beritt zum Hengst und nächstes Jahr steht dann hoffentlich noch eine kleine
Diva auf der Weide. =)
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