Heute
mag ich mal über ein Tabu-Thema schreiben. Mögen… naja so mehr oder weniger
zumindest. Spaß macht das geringfügig. Das Schreiben schon, aber ich denk ja
auch an eure Reaktionen und (Be-)Wertungen dieses Textes. Und es geht ja um
mich, also sind das dann gleichzeitig (Be-)Wertungen von mir. Das macht mir
schon schwitzige Hände. Aber ich liebe ja Herausforderungen und so…
Ich
war heute im Krankenhaus. Für eine Präoperative Untersuchung. In der
Gynäkologie. Ganz wenige Leute kennen bis jetzt den Grund dafür - meine engsten
Vertrauten halt. Weil das ein Thema, eine „Erkrankung“ ist, über die frau nicht
spricht. Sehr stigmatisiert.
Besonders
fasziniert hat mein Verhalten mich, als mir mein Krankenhausbesuch vor fast
einem Jahr in den Sinn kam. Da ging es um einen Knochenbruch. Mein linkes
Schlüsselbein. Da bin ich damals ganz anders damit umgegangen. Das hab ich ja quasi
gern herumerzählt. War irgendwie cool, mein erster Knochenbruch. Und lustig wie
es dazu kam, dass das kleinste Pony auf dem ich bis dahin jemals gesessen hab
mich so abserviert hat. Die Geschichte kennen ja die meisten von euch…
Auf
jeden Fall war dieser Zwischenfall eigentlich viel blöder, als das um was es
jetzt geht, nämlich: eindeutig von mir selbst verschuldet, schmerzhafter,
langwieriger im Heilungsprozess, beeinträchtigt mich jetzt noch immer teilweise
und dann kann man auch noch den kosmetischen Aspekt miteinbeziehen, weil das
linke Schlüsselbein jetzt weiter raussteht als das rechte.
Das
aktuelle Thema hab ich nicht selbst verschuldet, ist (bis jetzt) schmerzfrei,
wird nach der Behandlung (hoffentlich) innerhalb von 2 Wochen verheilt sein und
mich dann nicht mehr beeinträchtigen. Kosmetisch ist es auch kein großes
Problem, weil diese Stelle sowieso nur wenige Menschen zu Gesicht bekommen.
Die Erkrankung selbst: viel harmloser, darüber zu sprechen: viel schwieriger.
Die Erkrankung selbst: viel harmloser, darüber zu sprechen: viel schwieriger.
Ich
hab Condylome. Für alle Nicht-ÄrztInnen unter euch: Feigwarzen. Das könnt ihr
jetzt ja mal googlen.
Da
ich schon erwähnt habe, dass ich in der Gynäkologie war, könnt ihr euch ja auch
schon denken, wo die wachsen. Für alle Nicht-Sherlocks: im Intimbereich.
Da
denken jetzt viele von euch vielleicht: „ Pffff, nicht selbst verschuldet, hätte
sie halt mal Kondome benutzt“. Hab ich mir auch gedacht, nur ein bisschen
anders, nämlich: „Ich hab doch in den letzten 3 Jahren immer Kondome benutzt.“
Das
hab ich auch der Gynäkologin im MedCampus IV in Linz mitgeteilt, die die präoperative
Untersuchung gemacht hat. Und außerdem kam mir der Gedanke, falls ich mal einen
Kinderwunsch verspüren sollte, dann muss ich das Kondom ja weglassen und stecke
meinen Partner dann ja wissentlich damit an. Das macht mir fast ein schlechtes
Gewissen! Aber, liebe Männer, lasst euch gesagt sein, die allermeisten unter
euch tragen diesen Virus sowieso mit sich rum. Ebenso auch die Frauen. Bei
allen bricht er halt nicht aus. Das ist so wie Angina. Die allermeisten von uns
tragen den Virus und wenn das Immunsystem nicht ganz fit ist, dann hakt der
Virus dort ein, wo ein Schwachpunkt im Körper besteht. Bei vielen ist das der
Hals, bei mir halt meine Vulva. Und ein Kondom ist kein 100%iger Schutz.
Die
Gynäkologin hat mich gründlich durchsucht und ein paar Fotos geschossen.
Dann
hat sie mich zur nächsten Ärztin weitergeschickt, um einen OP-Termin auszumachen.
Die hat mir dann auch gleich erzählt, dass sie eine operative Entfernung echt
empfiehlt und dass ich froh sein kann, dass ich die Warzen nicht auf der Haut
außen habe, denn dann müsste ich auch noch in die Dermatologie und da vereisen
die die Warzen und das sei Scheiße. Sie spreche aus Erfahrung, sie hatte das
auch schon. Ärzte sind eben auch nur Menschen. Fand ich sehr nett von ihr, dass
sie mir das erzählt hat, gab mir ein Gefühl von „Ich bin nicht die einzige“.
Als
nächstes musste ich zum Anästhesisten, weil die OP unter einer Vollnarkose durchgeführt
wird. Der war grade nicht in seinem Besprechungsraum, kam aber nach ein paar
Minuten um die Ecke geweht. Ich als überzeugte Nicht-Raucherin empfinde den
Odeur von Zigarettenrauch ja eher als unangenehm. Aber als ich am Schreibtisch
gegenüber des Mannes in orangem T-Shirt mit Geckoaufdruck und langen braunen
Haaren Platz nahm und oben genannten Geruch vernahm, verlieh ihm das in meiner
Wahrnehmung etwas menschlich imperfektes. Das tat wiederum gut. Ärzte sind eben
auch nur Menschen.
Danach
musste ich noch einmal zurück zur Gynäkologie, eine weitere Ärztin untersuchte
mich, Bauchabklopfen und Stethoskop inklusive.
Die
letzte Station war die Chirurgie. Da musste ich hin, weil die erste Gynäkologin
--- ACHTUNG pikante Details --- sicher sein wollte, dass die Condylome, sprich
Warzen, wirklich nur im vaginalen Bereich sind und sich nicht in das Innere
meines Afters fortgepflanzt haben. Da müsste man nämlich anders operieren und
einen anderen Termin ausmachen.
Für
diese letzte Untersuchung musste ich in ein anderes Gebäude. Dort ging ich zur
Anmeldung, zog eine Nummer und ging nach Aufruf in die Koje 4. Der Dame hinter
dem Computer händigte ich die Überweisung aus. Sie fragte, um was es denn
ginge. „Ich komme von der Gynäkologie, dort war ich zur präoperativen
Untersuchung zur Entfernung von Condylomen und ich habe eine Überweisung
bekommen zur Chirurgie um abzuklären, ob sich rektal auch Warzen befinden.“ *Stille* „Sans
schwaunga?!“ „Ähm, na.“ Ich hab ihr das Ganze dann ein bisschen plakativer
erklärt, diesen Wortlaut erspare ich euch – und mir – jetzt. „Aha“ *starren auf die Überweisung*
„Und was heißt das da?“ *zeigt auf
Gekratzel der Ärztin* „Naja, ich weiß nicht was ACC bedeutet, aber das
zweite Wort ist Condylome und da unten das heißt rektal.“ „Aha“ *weiteres Starren auf die Überweisung*
*zeigt auf übriges Gekratzel* „und was heißt das?“ Ich hab ihr dann erklärt,
dass ich das auch nicht wisse, worauf sie sich dazu entschieden hat, ihre Kollegin in
der Nachbarkoje zu fragen. Die wusste es. Meine Anmeldungs-Dame tippte das dann
in den Computer ein und wies mir den Weg in die Chirurgie.
Die
Details dieser Untersuchung überlasse ich jetzt auch eurer Fantasie, nur so
viel: Rektal is nix, das heißt der OP-Termin steht. Und ich hab einen guten
Schließmuskel.
Ich
überlege, ob ich das jetzt einfach so als Ende stehen lasse. Aber irgendwas will
ich noch dazu sagen. Zum Beispiel, dass ich euch schonmal danke, dass ihr einen
3 Word-Seiten langen Blogeintrag gelesen habt. Und ich überlege, ob ich mich
erklären soll, eine Antwort geben soll, auf die Frage, warum ich sowas
schreibe und veröffentliche. Aber ich glaub, das lass ich. Das würde jetzt zu
ausarten an Länge und Intensität. Ihr könnt euch ja selber Gründe ausdenken.
Oder mich fragen, je nach Grad eurer Neugierde.
Bei
dem Gedanken das jetzt online zu stellen erhöht sich mein Pulsschlag. Die
Sicherheit, mich zu trauen geben mir die Personen, mit denen ich schon über das
Thema gesprochen habe. Freundinnen, die mich im Arm gehalten haben, als ich
meine ersten Schock-Tränen vergossen habe, mir vorgeschlagen haben mich abends spontan
zu besuchen, obwohl sie eigentlich keine Zeit frei hatten und sich beim Reden
so verhalten haben, als würde ich von einem gebrochenen Schlüsselbein erzählen. Danke.