„Bitte rufen Sie bezüglich der Aufnahmezeit am Tag vor der Operation
zwischen 15:30 - 16:00 unter der Tel.Nr. (------------------) an.“
Montag, 09.07.2018, 15:30: Ich tippe die Nummer in mein Handy ein. Nach
langem Tuten meldet sich eine Dame. Ich trage ihr mein Anliegen vor. Sie meint,
um diese Zeit ist da aber niemand mehr da. Ja und jetzt? Sie kann mich dann
doch irgendwohin verbinden. Die nächste Dame hebt ab. Ich sage mein Sprüchlein
noch einmal auf. Ich bekomme die Auskunft: „Um 6:00 Uhr in der Früh bitte
morgen am Med.Campus IV erscheinen.“
„Am Aufnahmetag melden Sie sich nüchtern in der Aufnahme Ambulanz
Frauen, 1. Stock an und gehen im Anschluss daran auf die Station
Gynäkologie/Pränatal 3. Stock.“
Dienstag, 10.07.2018, 6:00: Ich steige die Stufen in den ersten Stock
hinauf. Bei der Ambulanz Frauen ist die Tür verschlossen, ich klingle. Eine
verschlafen klingende Krankenschwester antwortet. Nein, da bin ich falsch, ich
müsse mich beim Portier unten melden. Aha. Infozettel lügt. Ich gehe die Stufen
wieder runter, melde mich beim Portier. Die Dame hinterm Tresen händigt mir
eine Mappe mit vielen Zetteln drin aus und schickt mich nach oben. Im dritten
Stock – Gynäkologie/Pränatal – überreiche ich die Formulare der Dame hinterm
nächsten Tresen. „Jünger“ *Dame murmelt und blättert Kalender um*
„Was machen Sie denn schon da, Ihr Operationstermin ist doch erst um 13 Uhr?“
Sie überreicht mir dann trotzdem ein Nachthemd, den Urinbecher und
bringt mich in ein 4-Bett-Zimmer, dessen 2 Bewohnerinnen noch schlafen und
zeigt mir mein Bett. Ich solle mich doch bitte umziehen, nichts unterm Nachthemd.
Und den Becher einfach am Klo stehen lassen. Also gehe ich mich umziehen. Ganz
sicher bin ich mir als Krankenhaus-Neuling nicht, aber dank diverser
Krankenhaus-Serien vermute ich, dass das elegante Hemdchen hinten offen sein
muss. Und in den Becher pinkle ich einfach mal rein, denn ihn leer im Klo
stehen zu lassen erscheint mir irgendwie unsinnig. Passt dann auch alles so.
Weil sonst nichts zu tun, lege ich mich schlafen. Kurz bereue ich, nichts zu
lesen mitgenommen zu haben. Aber schlafen ist eh auch ganz schön. Kurz nach mir
kommt dann auch eine zweite junge Dame ins Zimmer und belegt das vierte Bett.
So gegen halb 8 betritt eine Gruppe junger hübscher Männer das Zimmer. Visite.
Sie widmen sich erst der Patientin rechts von mir. Dann begeben sie sich an
mein Bett. Der Anführer der Truppe blickt auf das Namensschild auf meinem Bett.
Und starrt drauf. Und starrt drauf. Und starrt drauf. Ich will ihn von seiner
offensichtlichen Verwirrung erlösen und sage: „I bin nu ned operiert worden, i
hab erst heute um 13 Uhr den Termin.“ „Ja, das weiß i schon. …aber“, antwortet
er und blickt endlich auf, „…. kennen wir uns irgendwoher??“
Was man oberflächlich betrachtet als billigen Anmachspruch interpretieren
könnte hatte seine Berechtigung, denn nach ein bisschen hin und her finden wir
die Verbindung: er war der erste Freund von einer sehr guten Freundin von mir.
Ich hab ihn so vor ca. 10 Jahren ein- oder zweimal getroffen. So klein ist die
Welt.
Nach diesem unterhaltsamen Intermezzo schlafe ich wieder ein bisschen.
Dann kommt die Schwester und hängt mich an den Tropf, um einer Dehydrierung
vorzubeugen. Ich muss ja nüchtern sein, das schließt auch trinken aus. Ein
bisschen suspekt ist mir diese transparente Flüssigkeit schon, die da in meine
Venen tröpfelt, aber es hilft und meine Mundschleimhaut fühlt sich wieder
weniger wie Sandpapier an. Ich schlafe immer wieder ein, wache kurz auf, döse
wieder weg. Die Dame diagonal gegenüber von mir wird zur Operation geholt. Ich
schlafe. Ich tratsche ein bisschen mit meiner Bettnachbarin, die so um 10 Uhr
rein kommt, weil sie ihren Termin um 14 Uhr hat. Ich schlafe. Schwestern kommen
rein, üben Gehen mit der Patientin im Bett gegenüber und bringen ihr
Mittagessen. Mein Magen knurrt. Ich schlafe. Die frisch Operierte kommt zurück.
Ich schlafe. Es ist 13:15. Ich wundere mich. Die Patientin mit Termin um 14 Uhr
wird zur Op abgeholt. Ich wundere mich noch mehr. Ich schlafe. Es ist 14:40.
Die Tür öffnet sich. Junger hübsche Arzt und Ex-Freund meiner Freundin kommt
rein. Ich weiß, irgendwas läuft da verkehrt. „Verena“ (wir sind jetzt schon per
du) „I hab schlechte Nachrichten für di.“ „Ds wird heit nix mehr, oder?“
Er erklärt mir, dass es so zugeht heute im Op, drei ungeplante
Kaiserschnitte sind dazwischen gerutscht und sie können mich heute leider nicht
mehr dran nehmen. „I kann dir als Ersatztermin nächste Woche Montag, Dienstag
oder Donnerstag anbieten, da richten wir uns jetzt natürlich ganz nach dir!“
Ich fühle mich überfordert, er sieht mir das wohl an und ergänzt, ich könne das
aber auch später mit den Schwestern ausmachen. Drei davon stehen mittlerweile
rund um mein Bett. Ich weiß nicht ob ich lachen oder weinen soll. „Und jetzt
bekommst du was zu essen und trinken!“, versichert mir der Gott in Weiß und die
Krankenschwestern rauschen ab. Ich rufe ihnen noch schnell hinterher, dass ich
gerne etwas Vegetarisches hätte. Der Arzt versichert mir, dass ich trotzdem
einen Arztbrief für den Tag bekomme, für meinen Arbeitgeber. Dann versucht er
sich noch zu erinnern, was es heute Vegetarisches gegeben hat, scheitert und
ruft mir im Hinausgehen noch zu: „HPV impfen lassen!“
Ich rufe meine Mama an, sie muss mich doch nicht holen, ich kann mit
dem Zug heim fahren.
Eine Krankenschwester bringt das Tablett mit dem Essen und einen Krug
voll Wasser. Sie hebt den Deckel ab, nimmt den Salat raus: „Den gib i weg, der
is scho ganz welch vom langen Herumstehen.“ Ich bin noch zu überrumpelt um zu
protestieren. Ich bitte sie die Infusionsnadel aus meinem Arm zu ziehen und
frage ob ich mich jetzt auch wieder anziehen darf. Ich darf. Ich sitze am Tisch
und fülle meinen Magen mit Pizza, auf der so viel Käse ist, dass sich mein
Cholesterinspiegel noch vor Ort verdreifacht.
Nachdem ich den letzten Krümel der Nachspeise verputzt habe, schnappe ich meinen Rucksack und gehe raus. Am Tresen bespreche ich mit den Schwestern meinen Ersatztermin. Aber mir passt es nächste Woche nicht rein, also lassen wir das mal offen und einigen uns darauf, dass ich anrufe, wenn ich weiß, wann ich Zeit habe.
Nachdem ich den letzten Krümel der Nachspeise verputzt habe, schnappe ich meinen Rucksack und gehe raus. Am Tresen bespreche ich mit den Schwestern meinen Ersatztermin. Aber mir passt es nächste Woche nicht rein, also lassen wir das mal offen und einigen uns darauf, dass ich anrufe, wenn ich weiß, wann ich Zeit habe.
Am Weg zum Bahnhof liegt die Praxis meines Gynäkologen. Ich kenne seine
Öffnungszeiten nicht auswendig, aber gehe auf gut Glück rein. Er ist da. Ich
lasse mir nun doch die Tinktur verschreiben, von der er bei der ersten
Untersuchung meinte, sie wird nicht mehr helfen. „Einmal täglich, am besten
abends auf die befallenen Stellen auftragen, 10 Tage lang. Kann sein, dass sich erst nach der 10-tägigen Anwendung eine Veränderung zeigt.“
Heute ist Tag 4. Die Hälfte der Warzen ist weg.