Am Samstag war Schafabtrieb.
Unsere Pferde, Milla und Nàma, haben wir am Freitag Abend in den Hänger
gepackt und zu der Stelle gefahren, wo losgeritten wurde. Damit wir den Samstag
relaxter starten können. Auch so mussten wir um 5 Uhr aufstehen, da geplant
war, um 6:20 loszureiten. Wenn in Island 6:20 Uhr gesagt wird, wird so ca. eine
halbe Stunde später angepeilt. Also ging es dann so gegen 7 Uhr los. Da der
Wetterbericht nicht so rosig war starteten wir mit vier bzw. zwei Schichten
(T-shirt, Pulli, Schafwollweste und Jacke und Leggins unter Reithose) Kleidung.
Wir ritten ins Tal hinein, bis wir an dem Punkt angekommen waren, wo sich die
berittenen SchaftreiberInnen aufteilten.
Erst ging es zu Fuß ein Stückchen den Berg hoch. Die Flora präsentierte
sich in den schönsten Farben, das kann man mit der Kamera garnicht so
einfangen. Vor allem, weil ich aus Platzgründen nur mein Handy mit hatte und
nicht meine Spiegelreflex. Das ging von hellgrün fluoreszierenden Flechten, über
herbstorange und purpur leuchtende Blätter, dazwischen weiße flaumige
baumwoll-artige Blüten und Heidelbeer-blaue Punkte (die tatsächlich
Heidelbeeren waren).
Es war von Beginn an sehr nebelig und als wir an einer gewissen Höhe
angekommen waren verschluckte uns die feucht-kalte Wolke vollkommen. Annika
meinte nur: „Wir können ja mal froh sein, dass es nicht regnet!“ und „Ich hoffe
ich habe unsere Regenhosen und Jacken nur zur Deko auf meinen Sattel
geschnallt.“
Durch den Nebel konnte man halt auch die Personen nicht sehen, die ein
paar Meter weiter die Schafe trieben. Nur durch gelegentliche Rufe konnte man
die ungefähren Positionen lokalisieren. Ich ritt die meiste Zeit mit Annika. Als
ich dann doch einmal ein Stückchen weiter weg musste, bekam ich von der
Chef-Schaftreiberin die Anweisungen: folge den Schaftrampelpfaden, reite in die
Richtung aus der der Wind kommt und, siehst du den Berg an deiner rechten
Seite? Gehe NIE auf den Berg! And, please, don’t get lost.
So ging es dann reitend und laufend ein paar Stunden dahin, mal hatte
man Schafe vor sich, mal nicht, mal konnte man die anderen sehen, mal nicht.
Zu Mittag sind dann einige der Gruppe an einem Platz zusammengekommen.
Die letzten zwei Jahre kam hier immer ein Versorgungsauto mit Mittagessen und
Kaffee zu dem Punkt, dieses Jahr fiel das aber weg. Blöderweise hatten die Organisatoren
Annika nicht Bescheid gegeben, weshalb wir nichts zu essen mithatten. Von den
anderen haben wir uns dann je ein halbes Thunfischsandwich und einen
Schokoriegel geschnorrt. In meiner Jackentasche hatte ich eine kleine 250 ml
Flasche mit, die konnten wir immer wieder mal an Bächen mit Wasser auffüllen.
In der Pause wurde mir zum ersten Mal an diesem Tag auch ein wenig kalt
und ich war froh, als es in flottem Tempo weiter ging.
Wegen dem Wetter wurde die Route leicht verlegt, da der Berg, auf den
sie sonst immer Klettern, bei der eingeschränkten Sicht zu gefährlich gewesen
wäre. Deshalb waren wir dann in einem Gebiet, in dem sich Annika auch nicht so
auskannte. In der Zwischenzeit hatte es dann auch noch zu regnen begonnen und
wir erweiterten unsere Outfits um weitere Schichten aus Regenjacke und –hose. An
einer Stelle waren wir dann nicht ganz sicher, ob wir weiter sollten, oder
warten. Wir entschieden uns für warten. Das war, abgesehen von dem Abstieg zum
Schluss, der anstrengendste Part unserer Tour. Bei dem Herumsitzen wurden die
Finger und Zehen ganz schnell kalt und meine, eigentlich wasserdichten,
Handschuhe waren nach 10 Stunden, die sie mittlerweile der Feuchtigkeit
ausgesetzt waren, dann nicht mehr wasserdicht. Auch unsere braven Ponys waren
schon ein bisschen genervt. Milla, die es in den Pausen davor immer sehr
genossen hatte, wenn ich sie am Kopf gekrault hatte, drehte eben diesen
ungeduldig weg. Nach 1,5 Stunden kamen dann endlich die anderen Leute von den
Bergen rundherum runter und brachten noch ein paar Schafe mit.
Dann begann der letzte Teil der Tour, an dem noch mehr Treiber und
Schafe zusammen kamen und den Berg runter liefen. Das Schlusslicht der Truppe
bildete ein Traktor mit Anhänger, auf dem die Schafe kamen, die zu erschöpft
für den Abstieg waren.
Bis wir unten ankamen und unsere Pferde für den Heimweg verladen
hatten, war es 20:00 Uhr.
Aus zuverlässiger Quelle wissen wir, dass das das dritt-schlimmste
Wetter für einen Schafabtrieb seit 1990 war. Und trotzdem würd ich es sofort
wieder machen! Man muss die Isländer – Pferde wie Menschen – wirklich für verrückt erklären, wenn man
sieht, an welchen schottrigen Berghängen die hoch gehen, um zwei, drei Schafe
runter zu treiben, die nicht schlau genug sind, der Gruppe zu folgen. Und von
diesen Schafen gibt es eine Menge. Und das Ganze dann auch noch mit Handpferd
im Schlepptau! Dass das alles trotz scheinbarer Leichtigkeit nicht ungefährlich
ist, konnten wir erleben, als beim letzten Abschnitt ein Pferd nicht so wollte,
wie der Reiter und bockte und der dann vom Pferd stürzte, und sein Handpferd
dann auch noch ausrutschte und direkt neben ihm auf den Boden fiel. Das der
Reiter sofort wieder auf sein Pferd stieg und erst dann abcheckte, ob all seine
Gliedmaßen noch in einem Stück sind, ist typisch isländisch. Aber zum Schluss
kamen alle Reiter, Pferde und Schafe heil unten an.
Um euch das Ganze noch ein bisschen anschaulicher zu machen gibt’s, wie
jede Woche, noch ein paar Fotos. Die Kälte, den Wind, die Regennässe auf der
Haut und das Gefühl nach Abenteuer müsst ihr euch bitte dazu denken ;)
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hier teilten sich die ReiterInnen auf |
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seht ihr den kleinen orangenen Punkt auf dem Hang? Da klettert so ein verrückter Isländer mit 2 Pferden rum |
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während wir warteten wurde uns ganz schön kalt |
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der letzte Abschnitt den Berg runter, leider hab ich da keine guten Fotos... |